Hirt des Hermas

Visionen (visiones, v)

v 1

In einem Tagtraum weist die himmlische Rhode den Hermas zurecht wegen einer (ihm unbewussten) Gedankensünde gegen sie (das Verlangen nach ihr). Hermas fragt sich, wie für ihn noch Rettung möglich sei. Erscheinung einer Greisin, die eine Umkehrrede hält bzw. vorliest.

v 2

Wiedererscheinung der Greisin mit einer Umkehrbotschaft für Hermas, seine Familie und alle Gläubigen. In einem Traum offenbart ein Jüngling, dass die Greisin die Frau Kirche ist. In einer Vision gibt die Greisin Anweisungen über die Verkündigung der Umkehrbotschaft.

v 3

Von der Greisin vermittelte Turmbauvision (Sinnbild für die Kirche und die Gläubigen, vgl. s 9). Von einem Jüngling offenbarte Deutung der (nachträglich behaupteten) Verjüngung der Greisin im Sinne von der Erneuerung der Gemeinschaft der Gläubigen.

v 4

Himmelsstimme („zweifle nicht, Hermas!“). Begegnung mit dem Untier Thegri und mit einer Jungfrau bzw. Braut (die Frau Kirche), die das Tier als Sinnbild „der kommenden großen Bedrängnis (θλῖψις, thlipsis)“ deutet.

v 5

Erscheinung des Hirten, der ankündigt, die Hauptpunkte der Visionen sowie die Mandate und die Gleichnisse zu vermitteln.

Mandate (mandata, m)

m 1

Glaube, Furcht und Enthaltsamkeit

m 2

Einfalt

m 3

Wahrheit

m 4

Keuschheit – Ehescheidung bei (bekanntem) Ehebruch ohne Umkehr erforderlich; Wiederaufnahme dagegen bei Umkehr – Vergebung (ἄφεσις, aphesis) der Sünden bei der Taufe; eine Chance auf Umkehr (μετάνοια, metanoia) für schon Getaufte – Zweite Ehe für Verwitweten erlaubt aber entmutigt.

m 5

Geduld vs. Jähzorn

m 6

Ambivalenz des Glaubens (vgl. m 1): Glaube dem Gerechten, nicht dem Ungerechten – Zwei Wege – Zwei Engel: Engel der Gerechtigkeit und Engel der Bosheit.

m 7

Ambivalenz der Furcht (vgl. m 1): Fürchte den Herrn, nicht den Teufel.

m 8

Ambivalenz der Enthaltsamkeit (vgl. m 1): Enthalte dich des Bösen, nicht des Guten.

m 9

Zweifel (beim Bitten an Gott)

m 10

Heiterkeit vs. Betrübtheit

m 11

Vision: Pseudo-Prophet, der Zweifler verdirbt, Gläubige aber nicht – Wie man wahre von falscher Prophetie unterscheiden kann; Erläuterung anhand von Gleichnissen.

m 12

Ambivalenz der Begierde: Begehre das Gute, nicht das Böse – Alle, die wollen und sich bemühen, können sich an die Mandate halten.

Gleichnisse (similitudines, s)

s 1

Die himmlische Heimat vs. die irdische Fremde

s 2

Ulme und Weinstock als Sinnbild für Arm und Reich

s 3

Laubbäume ohne Blätter im Winter als Sinnbild für die Ununterscheidbarkeit der Gerechten und Ungerechten in dieser Welt.

s 4

Laubbäume mit Blättern bzw. ohne Blätter als Sinnbild für die Unterscheidbarkeit der Gerechten bzw. Ungerechten in der kommenden Welt, welche für Gerechte wie Sommer und für Ungerechte wie Winter sein wird.

s 5

Parabel des Weinbergs mit Deutungen auf das Fasten (in Hinblick auf Bedürftigenhilfe), Jesus (Christologie) und die Gläubigen (Soteriologie) hin.

s 6

Vision der zwei Schafhirten, des Engels der Lust und Verführung bzw. des Engels der Strafe

s 7

Der Engel der Strafe bedrückt den Hermas wegen der Sünden seines Hauses.

s 8

Vision des Weidenbaums und seiner abgeschlagenen, angepflanzten und sich unterschiedlich entwickelnden Zweige (Sinnbild für die Gläubigen).

s 9

Vision der zwölf Berge Arkadiens (Sinnbild für die Gläubigen) und eines Felsen mit einem Tor (beide Sinnbild für den Sohn Gottes) – Turmbauvision (Sinnbild für die Kirche und für die Gläubigen, vgl. v 3; der Herr des Turmes ist der Sohn Gottes).

s 10

Erscheinung des Engels (vermutlich Michael, s. vor allem s 8.3.3), der dem Hermas den Hirten geschickt hatte (vgl. v 5.2), jetzt schickt und auch in Zukunft schicken wird und eine Umkehrbotschaft für alle Gläubigen hat: Kehre um, ab sofort, der Turm (die Kirche) wird bald vollendet sein.